Die geplante Flüchtlingsunterkunft in Rott am Inn wirft viele Fragen auf. In unseren FAQs finden Sie transparente Antworten auf die häufigsten Fragen, etwa zur rechtlichen Grundlage der Baugenehmigung, zur Rolle des Landratsamtes sowie zur Verantwortung des Landratsamtes bei der Unterbringung von Geflüchteten. Informieren Sie sich über die Fakten, Hintergründe und unsere Bemühungen, eine nachhaltige Lösung zu finden. (Stand: 20.01.2025)
Frage 1:
Warum ist die geplante Flüchtlingsunterkunft in Rott am Inn notwendig?
Antwort: Das Landratsamt Rosenheim sieht die Einrichtung der Flüchtlingsunterkunft in Rott am Inn als notwendig an, um den aktuellen Herausforderungen bei der Unterbringung von Geflüchteten gerecht zu werden. Die Hauptgründe sind:
Entlastung bestehender Ankunftseinrichtungen: Derzeit sind die Schulturnhallen in Raubling und Bruckmühl als Ankunftseinrichtungen belegt, was den regulären Schul- und Vereinssport erheblich beeinträchtigt. Durch die geplante Unterkunft in Rott am Inn können diese Hallen wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt werden.
Mangel an Alternativen: Trotz intensiver Suche konnten im Landkreis Rosenheim keine geeigneten alternativen Unterkünfte in ausreichender Größe hierfür gefunden werden, die den Vorgaben der Regierung entsprechen. Der Standort in Rott am Inn bietet die notwendigen Kapazitäten und ist bereits voll erschlossen, was eine zeitnahe Nutzung ermöglicht.
Gesetzliche Verpflichtung: Das Landratsamt ist gesetzlich verpflichtet, Geflüchtete unterzubringen. Angesichts hoher Flüchtlingszahlen und fehlender Alternativen ist die Einrichtung in Rott am Inn eine notwendige Maßnahme, um dieser Verpflichtung nachzukommen.
Frage 2:
Bei der geplanten Unterkunft handelt es sich um eine Ankunftseinrichtung für den Landkreis Rosenheim. Was bedeutet das genau?
Antwort: In einer Ankunftseinrichtung werden als zentrale Anlaufstelle zunächst alle Geflüchteten untergebracht, die dem Landkreis Rosenheim durch die Regierung von Oberbayern zugewiesen werden. Die geplante Ankunftseinrichtung in Rott am Inn soll somit als erste Station für Geflüchtete dienen, die neu im Landkreis Rosenheim ankommen. Die Geflüchteten werden von dieser Drehscheibe aus wenige Wochen später auf dezentrale Unterkünfte verteilt.
Unterschied zu anderen Unterkünften:
Ankerzentrum: Der Begriff „ANKER“ steht für „Ankunft, Entscheidung und Rückführung“. Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die nach Bayern kommen, werden zunächst in einem der ANKER untergebracht. Verantwortlich für die ANKER sind die jeweiligen Regierungen. Im Regierungsbezirk Oberbayern gibt es ANKER-Einrichtungen in Manching/Ingolstadt sowie den Zweigstellen in Fürstenfeldbruck, Garmisch-Partenkirchen, Ingolstadt, München und Waldkraiburg.
Anschlussunterkunft: Aus den ANKER-Einrichtungen und angegliederten Zweigstellen heraus erfolgt die Verteilung in die Anschlussunterbringung in den Regierungsbezirken nach einem landesgesetzlich festgelegten Verteilungsschlüssel. Die Anschlussunterbringung dient insbesondere der Unterbringung von Asylsuchenden mit positiver Bleibeperspektive. Innerhalb der Regierungsbezirke übernehmen die Regierungen die Verteilung auf die Landkreise.
Frage 3:
Auf welcher rechtlichen Grundlage wurde kürzlich die Baugenehmigung erteilt?
Antwort: Die Entscheidung, die Baugenehmigung auf Basis von §246 BauGB zu erteilen, erfolgte nach sorgfältiger Prüfung der rechtlichen Grundlagen.
Dieser Paragraf ermöglicht es, von bestimmten bauplanungsrechtlichen Vorschriften abzuweichen, um dringend benötigte Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende zeitnah bereitzustellen. In diesem Fall wurde § 246 BauGB angewandt, um den erhöhten Bedarf an Unterkünften im Landkreis Rosenheim schnell und rechtssicher zu decken. Damit können die bislang belegten Turnhallen in Raubling und Bruckmühl wieder ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden.
Frage 4:
Warum wurde die Baugenehmigung für die geplante Unterkunft durch das Landratsamt selbst erteilt?
Antwort: Das Verfahren zur Baugenehmigung unterliegt klaren gesetzlichen Vorgaben und Standards. Für die Genehmigung aller Bauanträge im Landkreis ist die untere Bauaufsichtsbehörde am Landratsamt Rosenheim zuständig. Es handelt sich dabei um ein standardisiertes Verfahren, das für alle Bauvorhaben gleichermaßen gilt – unabhängig davon, wer Bauherr ist. Die Baugenehmigung für die geplante Unterkunft wurde vom Eigentümer des Objekts beantragt.
Frage 5:
Was ist mit den Alternativvorschlägen der Gemeinde Rott?
Antwort: Der Gemeinderat von Rott am Inn hat sich bereits im Februar 2024 gegen einen gemeindlichen Alternativvorschlag auf dem ehemaligen Sportplatz-Gelände des ASV Rott ausgesprochen.
Von April bis Juli 2024 hat die Gemeinde Rott am Inn dem Landratsamt Rosenheim mehrere Alternativstandorte für die Unterbringung von Geflüchteten vorgeschlagen. Diese Vorschläge wurden vom Landratsamt sorgfältig geprüft. Letztlich wurden die Alternativstandorte jedoch von Seiten der Regierung von Oberbayern insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen als nicht geeignet eingestuft.
Frage 6:
Widerspricht die Baugenehmigung dem Beschluss des Petitionsausschusses?
Antwort: Nein. Das Innenministerium hatte vor Erteilung der Baugenehmigung bestätigt, dass die Planungen den rechtlichen Anforderungen entsprechen und fortgesetzt werden können. Das Ministerium erläutert dazu in einem Schreiben an das Landratsamt: „Die Empfehlung des Ausschusses nach § 80 Nr. 3 BayLTGeschO mit Material, Text und Protokoll bedeutet, dass nach Auffassung des Ausschusses kein Fehlverhalten des staatlichen Landratsamtes Rosenheim, der Regierung von Oberbayern und dem Innenministerium vorliegt, die Planungen bzgl. der Inbetriebnahme der Unterkunft nicht beanstandet und somit von Seiten der staatlichen Verwaltung weiterverfolgt werden können.“
Auch der Landtagsabgeordnete Sepp Lausch, Berichterstatter dieser Petition im zuständigen Ausschuss, erklärte nach der Sitzung, dass das Landratsamt rein rechtlich nichts falsch gemacht habe und die Baugenehmigung jederzeit erteilt werden könne.
Quelle:
Frage 7:
Was genau hat der Petitionsausschuss beschlossen?
Antwort: Der Beschluss des Petitionsausschusses des Bayerischen Landtags vom 11. Dezember 2024 lautet wörtlich: „Die Eingabe wird der Staatsregierung als Material überwiesen.“ Das bedeutet nach Auslegung des Innenministeriums unter anderem, dass die Planungen bzgl. der Inbetriebnahme der Unterkunft nicht beanstandet und somit von Seiten der staatlichen Verwaltung weiterverfolgt werden können.
Diese Einschätzung wurde vom Mitberichterstatter dieser Petition im zuständigen Ausschuss, Markus Rinderspacher, MdL, in der Sitzung geteilt und ausführlich erläutert. Am 11. Dezember 2024 wiederholte er diese Einschätzung in der Plenarsitzung des Bayerischen Landtags. Wörtlich heißt es im Protokoll der Sitzung: „Die Planungen entsprechen bei allen relevanten Kriterien den üblichen Standards. Das Landratsamt und die Regierung von Oberbayern setzen für Rott am Inn keine anderen Maßstäbe, Normen und Prinzipien an, als dies andernorts der Fall wäre. Die Planungen erfolgen augenscheinlich regelkonform und getreu den Bundes- und Landesgesetzen.“
Frage 8:
Gab es darüber hinaus Empfehlungen?
Antwort: Ja, im Laufe der Diskussion im Petitionsausschuss wurden unterschiedliche Anregungen diskutiert. Von Seiten des Ministeriums wurde empfohlen, insbesondere die unten stehenden Punkte zu beachten. Das Landratsamt Rosenheim wird diese vollumfänglich umsetzen. Konkret bedeutet das:
Gestaffelte Belegung: Die geplante Unterkunft soll in zwei Phasen belegt werden: Zunächst mit 120 bis 150 Personen. Erst sechs Monate später soll das Gebäude in einem zweiten Schritt voll belegt werden. Insgesamt werden nicht mehr als 270 Personen untergebracht.
Befristete Nutzung: Die Nutzung der Unterkunft ist bis zum 30. September 2028 befristet. Dies gibt der Gemeinde Planungssicherheit und unterstreicht den temporären Charakter der Maßnahme.
Frage 9:
Hat der Petitionsausschuss auch über ein zweites Quecksilbergutachten beraten?
Antwort: Ja, auch ein zweites Gutachten wurde diskutiert. Das Landratsamt stellt jedoch klar, dass ein zweites Quecksilbergutachten nie Teil des Beschlusses des Petitionsausschusses war. Vielmehr wurde der Transparenzanforderung bereits im Juli 2024 durch die Veröffentlichung des ersten Gutachtens auf der Webseite des Landratsamtes vollumfänglich entsprochen.
Frage 10:
Welche Haltung hat das Landratsamt zur angekündigten Klage der Gemeinde Rott?
Es ist selbstverständlich das grundlegende Recht jeder Kommune, Verwaltungsentscheidungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Dieses Recht ist ein wesentlicher Bestandteil unserer demokratischen Grundordnung und ermöglicht es, unterschiedliche Standpunkte auf juristischem Wege zu klären. Das Landratsamt Rosenheim respektiert diesen rechtlichen Schritt und wird das weitere Verfahren in der gebotenen Sachlichkeit begleiten.
Das Landratsamt sieht aus folgenden Gründen keine Grundlage für eine Klage:
Rechtmäßigkeit der Genehmigung: Die Baugenehmigung entspricht den gesetzlichen Vorgaben und wurde unter Berücksichtigung der besonderen Regelungen des §246 BauGB erteilt.
Petitionsverfahren: Das Petitionsverfahren hat kein Fehlverhalten der staatlichen Behörden festgestellt.
Frage 11:
Was bedeutet eine Klage beziehungsweise ein Eilantrag für die laufende Planung der Unterkunft?
Eine Klage gegen die Baugenehmigung hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass die erteilte Baugenehmigung trotz der Klage wirksam bleibt und Bauarbeiten beginnen oder fortgesetzt werden können, solange das Gericht nichts anderes entscheidet.
Ein Eilantrag hingegen zielt darauf ab, die aufschiebende Wirkung der Klage entweder wiederherzustellen oder neu anzuordnen. Wird einem Eilantrag stattgegeben, dürfen keine weiteren Bauarbeiten durchgeführt werden, bis eine endgültige gerichtliche Entscheidung zur Klage getroffen wurde.
Frage 12:
Was bedeutet die Klage der Gemeinde Rott am Inn für den Landkreis Rosenheim, und wie wird das Landratsamt darauf reagieren?
Antwort: Der jetzt eingeschlagene juristische Weg verzögert die dringend benötigte Schaffung von Unterkünften für Geflüchtete.
Trotz dieser Hürden wird sich das Landratsamt Rosenheim weiterhin nach Kräften darum bemühen, seiner sozialen und humanitären Verantwortung gerecht zu werden.
Es ist unser gesetzlicher und moralischer Auftrag, Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, ein sicheres Dach über dem Kopf zu bieten. Wir appellieren an die Solidarität und das Verständnis der Gemeinden im Landkreis, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Geflüchteten gerecht werden und gleichzeitig die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen.
Das Landratsamt wird den Dialog mit allen Beteiligten fortsetzen und dabei immer das Ziel vor Augen haben, sowohl den sozialen Zusammenhalt als auch die humanitäre Verantwortung zu stärken.