Der Hagelforschungsverein Rosenheim feierte 30-jähriges Bestehen
Um die Wirksamkeit der Hagelabwehr zu erforschen wurde vor 30 Jahren der Hagelforschungsverein Rosenheim gegründet. Zum Vereinsjubiläum gibt es jetzt klare Hinweise, dass die Hagelabwehr wirkt. Auf der Mitgliederversammlung des Hagelforschungsvereins präsentierte Professor Peter Zentgraf von der Technischen Hochschule Rosenheim Daten, die er abschließend mit dem Satz „die Hagelabwehr arbeitet nachweislich erfolgreich“ kommentierte.
Den menschengemachten Einfluss auf ein Gewitter, im Fall der Hagelabwehr das Ausbringen von Silberjodid, zu beweisen ist eine schwierige Angelegenheit, denn das Rezept für Hagel ist nicht vollständig bekannt. Um herauszufinden, wie sich Gewitterwolken verändern, wenn die Hagelflieger im Einsatz sind, griffen Professor Zentgraf und Studentinnen und Studenten auf Daten des Deutschen Wetterdienstes zurück. Der scannt die Wolken mit Hilfe von Radarstrahlen.
Anschließend wurden Gewittertage ausgewählt, an denen die Hagelflieger nicht geflogen waren. Der langjährige Leiter der Hagelflieger Georg Vogl unternahm virtuelle Einsatzflüge. Wie bei einem realen Einsatz, erhielt er alle fünf Minuten aktualisierte Daten aus den Wolkenscans des Deutschen Wetterdienste. Es galt herauszufinden, wie er mit den vorhandenen Daten geflogen wäre. Ein Vergleich der Daten zeigte, dass sich Gewitter mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent langsamer entwickeln und weniger massiv werden, wenn die Hagelflieger in der Luft sind.
Professor Zentgraf stellte den anwesenden Mitgliedern des Hagelforschungsvereins noch eine zweite Auswertung vor. Darin wurden die Schadensdaten einer Versicherung im Zuständigkeitsbereich der Rosenheimer Hagelflieger verglichen. Die Schäden an Flugtagen der vergangenen 15 Jahre wurden mit den Schäden verglichen, wenn nicht geflogen wurde. Es zeigte sich, dass die Kfz- und Sachschadensummen an Einsatztagen um die Hälfte niedriger ausfallen. Für Professor Zentgraf ist damit klar, dass die Hagelabwehr nachweislich einen Einfluss auf das Wettergeschehen hat.
Für den Vorsitzenden des Hagelforschungsvereins Josef Huber sind diese klaren Hinweise kein Grund nachzulassen: „Wir werden weiterforschen bis an den Ergebnissen nicht mehr zu rütteln ist.“ Huber und Professor Zentgraf riefen dazu auf, sich mit Hilfe der Hagelabwehr-App als Wettermelder zur Verfügung zu stellen. „Auch der Deutsche Wetterdienst nutzt unsere Meldungen um seine Angaben zu prüfen. Mit den Wettermeldungen verbessern sich die Vorhersagen,“ so Professor Zentgraf.
2024 war für die Rosenheimer Hagelflieger ein durchschnittliches Einsatzjahr. Die Zahlen dazu wurden erstmals von Andrea Lindner präsentiert. Die Pilotin arbeitet als Sozialpädagogin im Team des Kreisjugendamtes Rosenheim. Sie wurde zur neuen Geschäftsführerin des Hagelforschungsvereins berufen und ist auch die neue Chefin der Hagelflieger.
Nach ihren Angaben waren die Hagelflieger an zwölf Einsatztagen unterwegs, führten 21 Einsatzflüge mit etwa 29 Stunden durch. Zudem gab es sechs Einsatztage in Tirol mit elf Einsatzflügen. Die heftigsten Gewitter gab es im Juli und August, wobei der 13. August heraussticht, weil es vier Superzellen gab. In Erinnerung blieb dieser Tag den Hagelfliegern auch, weil die Landung auf dem Flugplatz in Vogtareuth eine echte Herausforderung war. Bei Seitenwinden von knapp 100 Stundenkilometern war die Landebahn beim Landeanflug im Seitenfenster zu sehen. Der Pilot der zweiten Maschine wich an diesem Tag aus Sicherheitsgründen nach Mühldorf aus.
Den Rückblick auf drei Jahrzehnte Hagelforschungsverein übernahm Georg Vogl. Der langjährige Geschäftsführer des Vereins und Chef der Hagelflieger hatte sich in diesem Jahr in den Ruhestand verabschiedet. Er erinnerte daran, dass Kritiker dem Verein nicht mehr als 500 Mitglieder zugetraut hatten. Rund 8.000 sind es heute und er ist seit vielen Jahren der mit Abstand größte Verein in der Region. Die empirische Forschung habe man sich auf die Fahne geschrieben, sagte Vogl und lobte die Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Rosenheim. „Wir sind auf dem richtigen Weg und viele werden auf unsere Ergebnisse schauen.“ Vogl erwähnte hier besonders die Versicherungen. Abschließend bedankte er sich vor allem bei den Mitgliedern des Vereins, denn ohne sie, so seine Überzeugung, würde es die Hagelabwehr nicht mehr geben.
Für den Hagelforschungsverein war der 30. Juni 1993 ein entscheidender Termin. An diesem Tag fand eine legendäre Kreistagssitzung statt, auf die Landrat Otto Lederer in seinem Grußwort zurückblickte. Damals kamen so viele Zuschauer wie seitdem nicht mehr. Sie interessierte, wie es mit den Hagelabwehr weitergehen sollte. Im Vorfeld der Sitzung waren 30.000 Unterschritten gesammelt worden. Der Kreistag stand zu den Hagelfliegern und sprach sich für die Gründung des Hagelforschungsvereins aus.
Der Obmann des Hagelabwehr- und Forschungsvereins Tirol Obmann Walter J. Mayr berichtete, dass die Hagelflieger heuer so oft wie noch nie in Tirol im Einsatz waren. Professor Mayr hofft auf ein eigenes Hagelflugzeug für die Gemeinden im Bezirk Kufstein. Im Blick hat er den Flugplatz in Langkampfen. Er kündigte an, beim Land Tirol den Antrag zu stellen, dass dort zukünftig auch zweimotorige Maschinen landen dürfen. Bisher ist der Flugplatz nur für einmotorige Maschinen zugelassen. Es sei noch ein langer Weg und dies ein erster Schritt, so Professor Mayr.
Den Rosenheimer Hagelfliegern stehen zwei zweimotorige Flugzeuge zur Verfügung. Neun Piloten sind abwechselnd in Bereitschaft. In diesem Jahr kamen sie alle zu Einsatzflügen.
Über 40 Jahre ist er Hagelflieger und 30 Jahre war er Geschäftsführer des Hagelforschungsvereins. Der Vorsitzende des Hagelforschungsvereins Josef Huber bezeichnete Georg Vogl (links) als den Vater der Hagelabwehr. Seine Nachfolgerin Andrea Lindner überreichte ihm zum Abschied ein jahrzehntealtes Foto mit den Unterschriften aller Hagelflieger.